[Mixer] Gemini FX7000

Irwin Leschet

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Gemini FX7000
Irwin Leschet
Das Leben als Redakteur beim DJ-Magazine ist hart. Oft muss man (mehr oder weniger) große Kartons in sein Studio oder die Wohnung schleppen, dann geht das endlose Kabel an- und abklemmen los. Erdungen, zwei Plattenspieler, zwei CD-Spieler, Main-Out, Boot-Out, externe Effekte einbinden und so weiter. Das eigene, geliebte Pult für eine Zeitlang gegen ein Testgerät tauschen, kann in echte Arbeit ausarten. Vor allem im Sommer, bei 35° im Schatten und 80% Luftfeuchtigkeit. Aber selbst wenn die Temperaturen eine andere Sprache sprechen, ist es jedesmal ein wenig wie Weihnachten, wenn man den jungfräulichen Pulten die Kartons vom Leibe reissen, und ihnen die Chinchstecker verpassen kann.
In der Regel weiß man bereits einige Zeit vor Eintreffen des Testgerätes in den Laboratorien im Dachgeschoss, was auf einen zukommt und die 120 Stufen herauf getragen werden will. Man kennt die technischen Features und die "Vorfreude" kann dadurch mitunter gehörig wachsen. Zum Beispiel bei dem Gemini FX7000, um das es heute geht.
Ich muss zugeben, dass ich zunächst nicht allzu begeistert war, als ich hörte, dass ich ein Gemini-Pult testen darf. Auch ein unabhängiger und durch den Berufsethos zu neutraler Haltung verpflichteter DJ-Magazine-Redakteur ist nicht ganz frei von (oftmals falschen) Vorurteilen. Es möge derjenige den ersten Stein werfen, der frei von, ach, lassen wir das...

Als ich Einzelheiten im Bezug auf Ausstattung und Positionierung im Marktsegment erfuhr, brannte ich nach meiner anfänglichen Skepsis förmlich darauf, das Gerät endlich in meinen Händen zu halten. Der erste Eindruck rechtfertigte diese Vorfreude: Gleich beim Auspacken konnte das FX7000 den ersten haptischen und optischen Test auf Anhieb bestehen. Man nennt das allgemein gebräuchlicher auch die Qualität des ersten Eindrucks. Das, was bei öffentlichen Auftritten zu Aussagen wie "Mann, das Pult sieht aber fett aus!" führen sollte. Hier ist, wie gesagt, alles im Lot.
Einen kleinen Punktabzug muss das Gemini trotzdem gleich einstecken: Wie bei vielen Pulten hat der Hersteller die Verwendung eines externen Netzteils vorgezogen. Warum auch immer. Sympathischer wäre hier ein klassischer Kaltgerätestecker. Immerhin wird die ausgelagerte Trafo-Station des Gemini durch einen Stecker im ISDN-Look am Gerät befestigt und ist somit gegen unbeabsichtigtes Herausziehen gesichert.

Der obligatorische Blick in das Bedienhandbuch ließ mich gleich ein wenig bitter schmunzeln. Hier wurde vermutlich ein schlechtes Shareware-Übersetzungsprogramm zu Rate gezogen. Das Ergebnis klingt zwar witzig („Aufnahmeausgang: Diese Leitung am Aufnahmegerät anschließen, um eine Aufnahme aufzunehmen“), aber auch dafür muss es einen Punktabzug geben. Das geht besser. Ein halbwegs talentierter Übersetzer dürfte nicht allzu teuer, und im Budget der Geräteentwicklung noch locker drin sein. Gebrauchsanweisungen in der vorgelegten Qualität jedenfalls sind nicht hinnehmbar.
Vielleicht baut Gemini aber auch weniger auf minimale Kostensenkung, sondern vielmehr darauf, dass das FX7000 keiner großen Erklärung bedarf: Alles ist da, wo man es erwartet und macht exakt das, was man erwartet.
Der Crossfader mit Hamster-Switch geht butterweich und trennt messerscharf – genau so soll es sein. Leider gleiten die beiden Kanalfader weitaus weniger smooth. Die Potis fassen sich gut an, haben in der Querachse jedoch zuviel Spiel. Ruppige DJs könnten hier im Eifer des Gefechts schon mal was kaputt machen. Insgesamt würde ich die Verarbeitung sicher nicht als „heavy duty“ bezeichnen.
Was die Anschlüsse angeht, hat das FX7000 übrigens alles was man braucht – mit vier Stero-Outs wahrscheinlich sogar mehr als das.

Die Effekte
Die große Besonderheit des FX7000 ist bereits an der Gerätebezeichnung zu erahnen. Nein, ich meine nicht die "7000", die ja immerhin die Zukunftsicherheit für die nächsten 4 Jahrtausende suggerieren könnte. Ich meine das "FX", das heutzutage allgemein als Abkürzung für "Effects" herhalten muss. Und hier hat das Pult einiges zu bieten. Allein die Quantität der gebotenen Klangmodulationsmöglichkeiten sucht Ihresgleichen:
• Delay
• Echo REG
• Ping Pong Echo
• Reverb
• Pitch up
• Pitch down
• Filter 1
• Filter 2
• Brake
• Auto Pan
• Flanger
• Phaser
• Rotary
• Ambience
• Presets


Die Presets sind eine Ansammlung von weiteren neun Raum-Effekten, die über den Parameter-Regler angewählt werden. Sehr interessant finde ich den Effekt „Brake“. Dieser simuliert ein „Motor-Aus“ am Plattenspieler. Mit dem Parameter-Regler wählt man die Länge des Auslaufens. Gerade in Verbindung mit dem „Effect/Dry“-Poti und dem ON/OFF (Micro-)Schalter lassen sich sehr interessante rhythmische Ergebnisse erzielen.
Der Klang der Effekte ist für ein DJ-Pult in Ordnung, allerdings konnte ich bei einigen ein deutliches Grundrauschen hören, wenn kein Signal anlag. Sehr nachteilig empfinde ich die für meine Begriffe unnötig feine Auflösung des Effektparameter-Reglers. Um beispielsweise einen der beiden Filter von „ganz auf“ auf „ganz zu“ zu regeln, benötigt man exakt vier komplette Umdrehungen. Ganz klar zu viel, um den Effekt auch rhythmisch einsetzen zu können.
Schön wäre es außerdem, wenn die Effektsektion über eine BPM-Erkennung verfügen, und dadurch die Delays taktgenau automatisieren würde.


Pro
• Design
• Preis/Leistung
• Flexibilität

Kontra
• Effekt-Bedienung
• Rauschen bei den Effekten
• Handbuch


Fazit
Vom Umfang der Möglichkeiten, natürlich in erster Linie der Effekte, stellt der Geminimixer auch teurere Konkurrenten in den Schatten. Schaut man aber genauer auf die Verarbeitung und hört man genauer hin, dann weiß man, dass es durchaus noch Optimierungspotential gibt.
Ich habe das Pult im Internet neu für 250,- US$ gefunden – bei dem Preis fällt mir keine ähnlich ausgestattete Alternative ein und das Gebotene geht so mehr als in Ordnung.

Auf Wiedersehen ?
Kaum hat man sich an das neue Pult gewöhnt, heißt es auch schon wieder Abschied nehmen. Nach der Verkabelungsorgie (in umgekehrter Reihenfolge) wandert das Gerät inklusive der kryptischen Bedienungsanleitung wieder in die Verpackung und anschließend zurück zum Hersteller. In diesem Fall zu einem Hersteller, der zeigt, dass er auch in höheren Gefilden zu räubern versteht, und der außerdem im Design einen weiteren Schritt nach vorne getan hat. Ich bin gespannt, was noch aus dem Hause Gemini kommt. Und freue mich auf das nächste Testpult. Ehrlich.
Technische Daten
3x Phono IN / 3x Line IN (wahlweise)
2xMic IN (mit –16DB Talkover)
1x balanced OUT (Master)
3x unbalanced OUT (Master, Zone, Rec.)
1x Stereo Effect-Send / Return
3-Band EQ jeweils –32DB bis +12DB
2-Band Mikrofon-EQ –12DB bis +12DB
Klirrfaktor kleiner als 0,02%
L./B./H.: 355/254/110 mm
3,7Kg
 

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